Zur Schließung des Ingelheimer Krankenhauses

30. Dez 2020 | Allgemein, Arbeit der Fraktion, Ingelheim

[sayit]Zur Schließung des Ingelheimer Krankenhauses melden sich die Stadtratsfraktionen/Gruppierungen von SPD, CDU, Bündnis90/Die Grünen, FWG/BLH, FDP und Die Linke noch einmal zu Wort:


Wir wollen noch einmal betonen, dass wir uns als Ratsmitglieder und Fraktionen, die Entscheidungen zum Ingelheimer Krankenhaus in keiner Phase der letzten drei leidvollen Jahre, leicht gemacht haben. Dies gilt ebenso für die mehrfachen Beschlüsse, das Krankenhaus finanziell, insgesamt mit 13 Millionen Euro in den letzten drei Jahren, zu unterstützen.
Dies gilt insbesondere für die Entscheidung der alleinigen Übernahme der Klinik durch die Stadt und ebenso für die Entscheidungen der vergangenen Wochen und Monate, die in letzter Konsequenz nun zur Schließung des Krankenhauses geführt haben. Und dies auch unabhängig davon, zu welcher Bewertung und zu welcher Entscheidung jedes einzelne Ratsmitglied schließlich für sich selbst gekommen ist. Es waren zu jeder Zeit schwierige und weitreichende Entscheidungen, um die der Stadtrat immer schwer gerungen hat und die keineswegs einstimmig getroffen wurden. Die mehrfachen Beschlüsse zur finanziellen Unterstützung des Krankenhauses wurden stets gefasst mit dem Ziel, mit einer „Anschubfinanzierung“ einen nachhaltigen und auch wirtschaftlich tragfähigen Krankenhausbetrieb zu erreichen. Das galt sowohl für die Beteiligung an der Übernahme des Krankenhauses durch die Universitätsmedizin Mainz als auch für alle späteren Rettungsversuche. Von Anfang an gab es ein gemeinsames Verständnis der Stadträte darüber, dass eine Dauersubventionierung eines Krankenhauses mit jährlichen Finanzspritzen durch die Stadt nicht in Frage kommen kann, da dies selbst die Stadt Ingelheim auf Dauer finanziell überfordern würde und so auch kein nachhaltiger Krankenhausbetrieb gewährleistet werden kann. Diese Bedingung galt in besonderem Maße für die Übernahme des Krankenhauses durch die Stadt im Frühjahr des Jahres. Denn mit dem Beschluss zur Übernahme und dem damit verbundenen erneuten finanziellen Engagement war zugleich der feste Entschluss verbunden, diesen allerletzten Rettungsversuch unverzüglich zu beenden, sollten sich die damit verbundenen Erwartungen nicht einstellen. Dies wurde auch immer offen so kommuniziert, auch wenn alle Beteiligten erst im kommenden Frühjahr mit einer entsprechenden Fragestellung gerechnet hatten.
Die überraschend schnelle Erkenntnis, die der Stadtrat und der Aufsichtsrat der Krankenhausgesellschaft nach der Übernahme durch die Stadt nach einer dann erfolgten Bestandsaufnahme und Analyse durch die neue Geschäftsführung gewonnen haben, war mehr als ernüchternd – ein Licht am Ende des Tunnels war leider nicht in Sicht. Vielmehr wären für die kommenden Jahre viele Millionen Euro für Instandsetzungsmaßnahmen, Verlustabdeckungen und Investitionen nötig gewesen, ohne langfristig Aussicht auf Erfolg zu haben. Das Ziel eines Krankenhausbetriebes, der langfristig ohne oder mit einem vertretbaren Zuschuss der Stadt auskommen würde, erscheint nicht erreichbar. Die sehr schmerzliche, aber logische und konsequente Folge war die Beendigung der weiteren finanziellen Unterstützung und damit in letzter Konsequenz auch die Schließung des Hauses.
Wir Stadträte nehmen für uns in Anspruch, gemeinsam mit der Verwaltung über drei Jahre alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, um unser Krankenhaus zu retten, obwohl wir als Stadt keine Zuständigkeit hatten und dies als freiwillige Leistung im Interesse einer guten

gesundheitlichen Versorgung unserer Bürgerinnen und Bürger getan haben. In der Gesamtverantwortung für unsere Stadt gab es aber am Ende leider keine andere Entscheidungsmöglichkeit.
Der Haupt- und Finanzausschuss wurde in der Sitzung Ende November darüber informiert, dass es einen einzigen möglichen Interessenten für das Krankenhaus gibt, der ein Konzept vorlegen wollte. Die Stadträte zeigten Verhandlungsbereitschaft: Ein Zuschuss von 100.000 Euro pro Monat für das erste Quartal 2021 und der Verzicht auf den Erbbauzins von 60.000 Euro pro Jahr schienen für den Stadtrat akzeptabel.
Am 3. Adventssonntag (13.12.) wurden die Fraktionssprecher über die Bedingungen des Investors informiert: 1,35 Millionen Euro sollten für das erste Quartal als Verlustabdeckung fließen. Für den Weiterbetrieb nach der 3-Monats-Frist hat der Interessent aber keine Garantie abgegeben.
Weiterhin sollte seitens der Stadt eine neue Krankenhaus-Immobilie errichtet werden, für die eine maximale Miete vereinbart werden sollte.
Für ca. ein Viertel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krankenhauses aus dem medizinischen und pflegerischen Bereich hätte die Chance einer Neuanstellung bestanden. Das Krankenhaus sollte zu einer Spezial-Klinik umfunktioniert werden; somit wäre die Grund- und Regelversorgung in Ingelheim nicht mehr gegeben gewesen.
Unter diesen Bedingungen hat sich der gesamte Stadtrat dazu entschlossen, den eingeleiteten Insolvenz-Prozess nicht aufzuhalten.
Wir haben großes Verständnis für die augenblickliche Frustration der Beschäftigten des Krankenhauses, sind es doch diejenigen, die dem Haus bis zum Schluss die Treue gehalten und den Betrieb aufrechterhalten haben. Auch wenn ihre sehr emotionalen Reaktionen durchaus nachvollziehbar sind – es ist unzutreffend, die Schließung des Hauses der Stadt bzw. dem Stadtrat anzulasten. Die Beschäftigten wissen, dass es die gesetzlichen und gesundheitspolitischen Rahmenbedingen sind, die den kleinen Krankenhäusern, zumal wenn sie erst einmal in Probleme geraten sind, keine fairen Überlebenschancen einräumen. Das Krankenhaus wäre ohne das Engagement der Stadt schon vor Jahren geschlossen worden.
Auf Einladung des Betriebsrates fand ein Austausch über die Hintergründe der Krankenhausentscheidungen und zum aktuellen Status im Krankenhaus am 18. November statt. Dabei hatten die Fraktionssprecher erwähnt, dass sie sich selbstverständlich dafür einsetzen, dass insbesondere die Mitarbeiter, die nicht im medizinischen/pflegerischen Bereich arbeiten, bei der Suche nach einer neuen Anstellung unterstützt werden und ggf. auch bei der Stadtverwaltung eine neue Anstellung finden können.[/sayit]