Zum Haushaltsentwurf des Jahres 2023 erklärt für die SPD-Stadtratsfraktion der Fraktionsvorsitzende Dominik Brill:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Frau Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,
heute diskutieren wir den Haushalt für das Jahr 2023 – im Januar 2023. Das war anders geplant und hat einen gewichtigen Grund.
Die Haushaltssituation der Stadt wird sich in den kommenden Jahren deutlich verändern. Seit kurzem ist bekannt, dass die Gewerbesteuereinnahmen spürbar sinken werden. Dazu kommen erhebliche negative Effekte aus der Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleiches und die Erhöhung der Kreisumlage sowie die Tatsache, dass die vielen neuen Gebäude der vergangenen Jahren bald auch erheblichen Sanierungs- und Erhaltungsaufwand notwendig machen. Seit Jahren wissen und erzählen wir als Kommunalpolitiker, dass wir nicht von immer steigenden Einnahmen ausgehen können und wir auch bei sinkenden Steuereinnahmen zurechtkommen müssen – jetzt haben wir die Chance zu beweisen, dass wir das können.
Trotzdem möchte ich auch in diesem Jahr einen kurzen Blick zurück werfen.
Das Jahr 2022 begann unter dem Eindruck der Corona-Pandemie. Doch der Fokus änderte sich schnell mit dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine. Von einem auf den anderen Tag herrschte wieder Krieg in Europa. Und auch für Menschen in Deutschland waren die eigene Sicherheit und Freiheit nicht mehr selbstverständlich.
Und auch in dieser Krise hat die Ingelheimer Stadtgesellschaft wieder Haltung und großes Engagement gezeigt. Wir können stolz sein auf die vielen Veranstaltungen, Solidaritätsbekundungen, Spendensammlungen und Aktionen, um die Ukraine und geflohene Ukrainerinnen und Ukrainern zu unterstützen.
Die wirtschaftlichen Wirren, die der Krieg ausgelöst hat, gerade Inflation und steigende Energiepreise haben auch unsere Stadt nicht verschont. Obwohl die Handlungsspielräume hier begrenzt sind, hat die Verwaltung versucht zu helfen und zu entlasten, wo dies möglich war. Langfristige Folgen für Privatleute und Gewerbe in Ingelheim werden sich erst nach und nach zeigen und ggf. noch Aufgaben für die Kommunalpolitik bereithalten.
In Ingelheim haben die Gremien und Parteien sich mit einigen wichtigen und ganz konkreten Themen beschäftigt. Hierbei fällt mir die Diskussion um den Standort den Notarzteinsatzfahrzeuges ein, bei dem die Verwaltung gemeinsam mit allen Parteien dafür kämpft, dass der NEF-Standort Ingelheim erhalten bleibt. Uns ist im Jahr 2022 zumindest eine Übergangslösung gelungen. 2023 wird es darum gehen, wie gemeinsam mit dem Kreis eine langfristig gute Situation für die Notarztversorgung gefunden werden kann.
Intensiv diskutiert haben wir die Ziele der strategischen Wohnraumentwicklung. Auf Vorschlag unseres OB haben wir uns eine Strategie gegeben, mit welchen Instrumenten und Vorgehen wir bezahlbaren Wohnraum schaffen wollen. Wir wollen verdichtet bauen und Bauland nur dann ausweisen, wenn wir sicherstellen können, dass Grundstücke dort auch zeitnah bebaut werden. Klar ist: Ein Strategiepapier allein schafft nicht eine bezahlbare Wohnung. Aber mit Blick auf die große Herausforderung beim Thema Wohnen, braucht es eben auch eine Strategie. Diese haben wir nach den intensiven Diskussionen und werden sie auch umsetzen.
Eines der Themen war 2022 auch der Sport- und Freizeitpark am Blumengarten. Nachdem wir im Juli die Verortung der möglichen Bausteine beschlossen hatten, wurde dem Rat im Dezember der LoI mit dem Sportbund vorgelegt. Wir als SPD unterstützen den Sportpark und die Entwicklung des Geländes am Blumengarten. Aber wir können weiteren Schritten nur dann zustimmen, wenn die lange zugesagten Kostenberechnungen vorgelegt werden und geprüft werden kann, wie sich das Projekt in die Haushaltslage einfügt.
Nun beschließen wir heute den Haushalt für das Jahr 2023. Aber wir beschließen ihn in dem Wissen, dass es nicht so sehr der Haushaltsplan sein wird, der das Verwaltungshandeln bestimmt.
Die veränderte Haushaltssituation macht es notwendig, dass wir heute einen Haushalt beschließen, der die Verwaltung handlungsfähig hält. In den kommenden Wochen werden die Gremien eine Priorisierung erarbeiten, welche Planungen und Vorhaben die Verwaltung trotz der neuen Situation tatsächlich anstoßen bzw. weiter verfolgen soll. Dieses Verfahren zeigt, dass es in diesem Jahr nicht darum gehen wird, neue Projekte aus der Taufe zu heben. Sondern Prioritäten zu setzen.
Trotzdem sollte uns allen bewusst sein: Ingelheim bleibt eine reiche Stadt. Auch nach dem Sinken der Steuereinnahmen befinden sich diese auf sehr hohem Niveau. Hierfür gilt unser Dank allen, die in unserer Stadt dieses Geld erwirtschaften und mit ihren Steuern das Handeln der Stadt und ihre vielen Projekte erst möglich machen.
Doch wir als Stadtpolitik werden nicht nur auf neue Projekte verzichten müssen. Vor uns liegt der Prozess der Haushaltskonsolidierung, in dem wir auch unsere Standards überprüfen werden. Wir werden nicht nur kein zusätzliches Geld ausgeben können, sondern liebgewonnenes einsparen müssen.
Wir als SPD werden uns auch bei diesem Prozess im Jahr 2023 an den Schwerpunkten der vergangenen Jahre orientieren.
Ein zentrales Thema bleibt für uns der Klimaschutz – allen muss klar sein, dass es hier kein Aufschieben geben kann. Mit Blick auf die Haushaltslage müssen wir uns gerade hier auf effiziente Maßnahmen konzentrieren. Förderprogramme für Lastenräder, private Photovoltaik oder Dachbegrünung können wertvolle Impulse setzen. Sie verursachen aber auch dauerhaften Verwaltungsaufwand und sind anfällig für Mitnahmeeffekte. Dem gegenüber stehen mögliche größere Projekte, beispielsweise im Bereich Energieerzeugung. Dass wir nach mehreren Jahren Diskussion zu den Almendfeldern, den untersuchten Möglichkeiten der Agri-Photovoltaik und trotz einer beispiellosen Energiesicherheitskrise immer noch keinen konkreten Plan haben – damit können wir nicht zufrieden sein. Ich hoffe, dass wir hier 2023 einen Schritt nach vorne machen.
Auch müssen wir in 2023 weiter Gas geben beim Schaffen von Wohnraum. Die aktuellen Preissteigerungen und Unsicherheiten werden dafür sorgen, dass private Investoren beim Bau von Wohnungen zögern. Die Lage auf dem Mietwohnungsmarkt wird sich weiter verschärfen und die Bürgerinnen und Bürger zusätzlich treffen. Wir als öffentlicher Sektor müssen uns deshalb umso mehr engagieren.
Mit der WBI haben wir ein leistungsfähiges Instrument. Projekte wie die Heidesheimer Höfe müssen dringend umgesetzt werden. Über die WBI können auch weitere Wohnungen gebaut werden, ohne dass für den Haushalt der Stadt automatisch eine größere Belastung entsteht. Bezahlbarer Wohnraum bleibt für uns das wichtigste soziale Thema in unserer Stadt.
Kein Bereich wird bei den Einsparungen sakrosankt sein. Trotzdem werden wir nicht mit dem Rasenmäher sparen, sondern uns bei den Einsparungen zwischen verschiedenen Themenfeldern entscheiden müssen. Grundsätzlich wird bei der Konsolidierung für die SPD das Ziel einer “Stadt für Alle” die Messschnur sein.
In nenne hier als Beispiel die Innenentwicklung von Heidesheim. Nicht nur stehen wir hier im Wort. Sondern es droht dem Ort ein großer Teil an Leben, Teilhabe und Identität verloren zu gehen. Das zu verhindern und mit einem guten Konzept Impulse für ein neues Heidesheimer Zentrum zu setzen, das schafft nachhaltig Lebensqualität für viele Bürgerinnen und Bürger. Solche Projekte sollten auch in 2023 einen hohen Stellenwert haben.
Ähnliches gilt für die Ausstattung unserer Kitas und Grundschulen sowie unser Anspruch, in allen Stadtteilen Bürgerhäuser als Ort der Begegnung und zur Förderung des Miteinander zu betreiben. Die Bildung, Betreuung und der soziale Zusammenhalt in unserer Stadt sind nicht nur wichtig für unser Zusammenleben heute. Sie sind auch Voraussetzung dafür, dass Ingelheim eine starke Zukunft hat.
Wo Einsparungen eine echte Verschlechterung für viele Bürgerinnen und Bürger und das Zusammenleben in der Zukunft haben, werden wir besonders hinschauen, ob nicht anderswo Einsparungen an glanzvollen Spitzenprojekten besser wären.
Bei allen anstehenden Entscheidungen freue ich mich im Jahr 2023 auch besonders auf die Umsetzung einer Entscheidung der Vergangenheit: Die Fußgängerzone. Wenn sie endlich umgesetzt ist, wird sie das Leben in der Innenstadt grundsätzlich verändern und ich freue mich drauf zu sehen, was unsere Bürgerinnen und Bürger und die ansässigen Gewerbe aus den neuen Möglichkeiten machen werden!
Ich will es bei diesen wenigen inhaltlichen Punkten belassen und freue mich auf die sicherlich intensiven Diskussionen im Jahr 2023. Dem Haushalt 2023 und den einzelnen Wirtschaftsplänen werden wir zustimmen.
Ich danke den Mitarbeitenden der Verwaltung und der Stadtgesellschaften, dem Stadtvorstand, den Ehrenamtlichen im Rat und den Ausschüssen und Beiräten und auch den Beauftragten ganz herzlich für die gute Zusammenarbeit und ihren Einsatz für unsere Stadt! Gerade auf den letzten Metern hat das Haushaltsverfahren den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch einiges zusätzlich abverlangt. Vielen Dank für die Arbeit.
Auch die Fusion der Gemeinden und weltweite Krisen haben nichts daran geändert,dass viele Ehrenamtliche und Hauptamtliche hier vor Ort Demokratie praktizieren. Das sollte man trotz des routinierten Sitzungsalltags nicht für selbstverständlich halten. Ich freue mich darauf, das in 2023 fortzusetzen.
Die Rede im PDF-Format finden Sie hier.
Es gilt das gesprochene Wort